Der Einsatz numerischer Berechnungsverfahren im vorbeugenden Brandschutz
Die bei Gebäudebränden auftretenden Gefahren durch Brandrauch sind meist nur Experten bewusst. Bereits verhältnismäßig kleine Brände können große Mengen sehr giftigen Brandrauchs produzieren. Eine unkontrollierte Rauchausbreitung in einem Gebäude führt daher sehr schnell zu gefährlichen Situationen. Die Mehrzahl der Brandtoten stirbt durch eine Rauchgasvergiftung. Wir ersticken bevor wir verbrennen.
Aus diesem Grund ist die Sicherstellung einer kontrollierten Rauchableitung bzw. die Verhinderung der Rauchausbreitung eine wichtige Aufgabe während der Planung von Gebäuden. Insbesondere dann, wenn die Gebäude von einer großen Anzahl von Menschen genutzt werden, wie bspw. Flughäfen, Bahnhöfe, Einkaufszentren, Theater oder Schulen. In derartigen Gebäuden können sich auch mehrere 1000 Menschen gleichzeitig aufhalten.
Seit einigen Jahren wird versucht, die Wirksamkeit der Brandschutzmaßnahmen mit Hilfe numerischer Rechenverfahren nachzuweisen. Mit verschiedenen computergestützten Rechenprogrammen wird die thermische Belastung der Bauteile, die Wirkung von Feuerlösch- und Brandmeldeanlagen sowie die Rauchausbreitung und -abführung im Computermodell vorhergesagt und der Nachweis des gesetzlich vorgegebenen Schutzniveaus geführt. Die resultierenden Sicherheitskonzepte basieren auf den Ergebnissen der Simulationen und ermöglichen eine moderne Architektur und ökonomisch effiziente Lösungen.
Derartige Simulationen beruhen jedoch noch auf zum Teil weitreichenden empirischen Annahmen und erfordern zahlreiche Modellierungsansätze, z.B. für die Darstellung turbulenter Strömungen, die noch Gegenstand von Forschung und Entwicklung sind. Die in diesem Zusammenhang auftretenden offenen Fragestellungen sind Gegenstand der Forschung. In enger Zusammenarbeit mit der INURI GmbH (www.inuri.de), einer Ausgründung aus der Arbeitsgruppe, werden praxisrelevante Fragestellungen identifiziert und Lösungen erarbeitet.
Derartige numerische Simulationen lassen sich jedoch auch noch für andere Zwecke einsetzen. In Berlin gab es seit Beginn des Jahres 2011 eine grosse Anzahl von Bränden in Treppenhäusern. Nach Angaben des Landeskriminalamtes Berlin waren es im Zeitraum vom 1.1 - 19.5.2011 insgesamt 154 vorsätzlich gelegte Brände. Das heisst etwa jeden Tag kam es zu einer Brandstiftung in einem Berliner Treppenhaus. Hinzu kamen im gleichen Zeitraum weitere 150 Wohnungsbrände. Bei diesen Bränden wurden zahlreiche Menschen verletzt und es sind leider auch Tote zu beklagen.
Die Hauptgefährdung entsteht durch den toxischen Brandqualm, der sich sehr schnell in den Gebäuden ausbreiten kann. In Verbindung mit fehlenden Kenntnissen, wie man sich im Brandfall richtig verhält, führt dies immer wieder zu viel menschlichem Leid und hohen Sachschäden.
Numerische Simulationen in der Brandschutzaufklärung
Über die Brandserie in Treppenhäusern wurde in den Berliner Medien sehr ausführlich berichtet. Die Anzahl besorgter Bürger, die z.B. bei der Berliner Feuerwehr um Informationen nachfragten, stieg sprunghaft an. Ein grosses Problem bei der Brandschutzaufklärung der Bevölkerung war, dass die zeitliche Dynamik der Rauchausbreitung mit den bisherigen Methoden der Brandschutzaufklärung nicht richtig vermittelbar ist. In Zusammenarbeit der INURI-Interessengruppe mit der Berliner Feuerwehr ist ein Film zur Brandschutzaufklärung entstanden, der über die Gefahren bei Treppenhausbränden aufklärt. Der Film wurde auf der Langen Nacht der Wissenschaften 2011 und auf der vfdb Fachtagung 2011 Ende Mai vorgestellt. Er ist ohne weitere Dokumentation über youtube in der üblichen Qualität erhältlich. Zur Unterstützung der Brandschutzaufklärung für nicht Deutsch sprechende Menschen gibt es den Film auch in anderen Sprachen. Nähere Informationen finden sich auf der Projektseite www.inuri.de/brandschutzaufklaerung